Medien: Mögliche Risiken
Schaden Medien der frühen kindlichen Entwicklung?
Gerade in den ersten Lebensmonaten und -jahren haben Kinder entscheidende Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Eine stabile Bindung zu den Eltern gibt ihnen hierbei Sicherheit und stellt eine wichtige Grundlage für eine gesunde Entwicklung dar. Eine solche Bindung entwickelt sich wesentlich in einem anregenden Miteinander, in einem intensiven Austausch über körperliche Nähe, Blicke, Berührungen, Worte und Aufeinander-Eingehen. Fachleute weisen daher darauf hin, dass eine intensive Beschäftigung der Eltern mit Medien, beispielsweise mit Smartphone oder Tablet, die Eltern-Kind-Kommunikation erheblich beeinträchtigen kann. Wenn Eltern zum Beispiel ständig telefonieren oder chatten, sind sie zwar körperlich anwesend, können sich aber nur "nebenbei" um ihr Kind kümmern. Auch laute Töne und starke Bilder von einem ständig laufenden Fernseher übertönen leicht die Signale der Kinder und erschweren den (sprachlichen) Austausch zwischen Eltern und Kind.
In den ersten Lebensjahren entwickeln Kinder ihre Fähigkeiten nicht zuletzt über vielfältige Sinneserfahrungen wie riechen, schmecken, hören, sehen, fühlen. Sie lernen die verschiedenen Sinnesreize zu koordinieren und richtig einzuordnen und benötigen dafür möglichst ganzheitliche Erlebnisse und Erfahrungen, die über das Ansprechen aller Sinne entstehen. Bildschirmmedien wie Fernsehen, Computer & Co. sprechen aber beispielsweise nur Augen und Ohren an und konkurrieren daher mit einem "Austausch mit allen Sinnen". Daher gilt vor allem bei kleinen Kindern: "handfeste" Erfahrungen sind besser als digitale Erfahrungen.
Machen Fernsehen und Computerspiele dick und krank?
Kinder, die viel vor dem Fernseher sitzen, bewegen sich nachweislich weniger als Kinder, die wenig fernsehen. Das allein kann schon zu Problemen mit dem Gewicht führen. Der "gewichtigere" Unterschied zwischen "Vielsehern" und "Wenigsehern" scheint aber in deren Essverhalten zu liegen: Ausgiebiges Fernsehen verleitet dazu, pausenlos zu essen - vor allem Süßes und Fettes. Es sind also nicht die Medien an sich, die Kinder dick machen, sondern fehlende Bewegung und ein ungesundes Essverhalten, das oft mit Fernsehen oder Computerspielen einhergeht.
Bewegungsmangel kann aber noch weitere negative Folgen für die kindliche Entwicklung haben. Bereits bei Kindern zeigen sich heute Haltungsschäden durch zu viel und falsches Sitzen. Auch die körperliche Leistungsfähigkeit, die Alltagsmotorik und die Körperwahrnehmung werden durch zu wenig Bewegung beeinträchtigt. Auch auf die geistige und gefühlsmäßige Entwicklung von Kindern kann sich mangelnde Bewegung negativ auswirken.
Wichtig ist deshalb eine möglichst vielseitige Freizeitgestaltung, die mit ausreichend Bewegung das Sitzen vor dem Bildschirm ausgleicht. Die meisten Kinder gehen ohnehin lieber nach draußen und spielen mit Freunden als vor dem Fernseher oder Computer zu sitzen. Oft fehlt es einfach nur an interessanten "Gegenangeboten".
Machen Medien einsam?
Kindern, die viel fernsehen oder am Computer sitzen, treffen sich weniger mit Freunden als Kinder, die weniger fernsehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass Fernsehen einsam macht. Vielleicht sieht das Kind ja so viel fern, WEIL es keine Freunde hat - und nicht umgekehrt. Oder es fühlt sich zu Hause einsam, weil niemand Zeit für es hat, und lenkt sich deshalb mit Fernsehen und Computer ab.
Wenn ein Kind am liebsten vor dem Fernseher sitzt, ist es ein wichtiger erster Schritt, dass Eltern nach den Gründen für die "Vielseherei" suchen - vielleicht steckt ja etwas ganz anderes dahinter. Möglicherweise versucht das Kind ja auf diese Weise, bestimmte Probleme wie Streit mit Freunden, Ärger in Kita oder Schule oder fehlende Freizeitangebote zu überspielen oder zu vergessen. Sobald das zugrunde liegende Problem gelöst ist, geht das Kind vielleicht ganz von allein wieder dazu über, seine Freizeit anders zu gestalten, und möchte auch wieder Freunde treffen.
Machen Fernsehen und Computerspiele dumm und fantasielos?
Manche Experten behaupten, häufiger und ausgiebiger Fernsehkonsum gefährde den schulischen Erfolg. Kindern, die sehr viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, fehle diese Zeit für das Hausaufgabenmachen und Lernen. Außerdem könne ihre Konzentrationsfähigkeit und ihre Merkfähigkeit im Langzeitgedächtnis Schaden nehmen.
Andere weisen darauf hin, dass es Sendungen und Computerspiele gibt, mit deren Hilfe Kinder nachweislich lernen und aus denen sie viel sinnvolles Wissen ziehen. Bei aller Uneinigkeit unter Fachleuten ist eines sicher: Wie sich Fernsehen und Computer auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und auf die kindliche Bildung auswirkt, hängt maßgeblich davon ab, was und wie viel ein Kind fernsieht oder am Computer macht.
Schadet Fernsehen der kindlichen Seele?
In der Diskussion um die Wirkung von Medien auf die kindliche Psyche wird oft nur die Qualität der Medienangebote angeführt und zwischen guten und schlechten Sendungen unterschieden. Wie bestimmte Medienangebote auf Kinder wirken und was sie bei ihnen auslösen, hängt Forschungen zufolge jedoch von vielen verschiedenen Faktoren ab. Zu den Einflussfaktoren gehören:
Alter und Entwicklungsstand des Kindes,
das Umfeld des Kindes,
seine momentane Lebenssituation,
die bisherigen Erfahrungen des Kindes mit Medien,
und sogar die Tatsache, ob es ein Mädchen oder Junge ist.
Doch jedes Kind ist anders und geht - auch bei gleichem Alter - anders mit Medien um. Eltern kennen ihr Kind am besten. Sie wissen, wo es gerade in seiner Entwicklung steht, ob es vielleicht Sorgen und Probleme hat, ob es eher empfindlich oder "hartgesotten" ist, wovor es sich besonders fürchtet usw. Eltern sollten deshalb möglichst immer wissen, was ihr Kind anschaut, die Sendungen kennen und gemeinsam mit dem Kind auswählen.
Natürlich kann es dennoch vorkommen, dass ein Kind durch eine Sendung geängstigt oder verunsichert wird. Für diesen Fall sollte Mutter oder Vater als Ansprechpartner und "Tröster" in der Nähe sein. Wichtig ist auch, dem Kind immer wieder Gelegenheit zu bieten, über das Gesehene und Gehörte zu sprechen oder Fragen dazu zu stellen.
Insbesondere kleinere Kinder sollten vor dem Fernseher nicht allein gelassen werden. Sie sollten möglichst nur zusammen mit den Eltern fernsehen, damit unmittelbar darüber gesprochen werden kann, was dem Kind Angst gemacht hat oder was es nicht verstanden hat.
Kann Fernsehen & Co. Kinder um den Schlaf bringen?
Wenn Kinder und Jugendliche zu viel fernsehen oder am Computer spielen, kann das zu Schlafproblemen führen. Insbesondere Kinder, die im eigenen Zimmer über einen Fernseher, einen Internetanschluss oder eine Spielkonsole verfügen, gehen durchschnittlich deutlich später zu Bett und sind tagsüber merklich müder als Gleichaltrige ohne Geräte im Kinderzimmer.
Insbesondere Filme mit Gewaltszenen und Gruselfilme, aber auch "Shows" können bei Kindern dazu führen, dass sie abends länger brauchen, um einzuschlafen, und nachts deutlich schlechter schlafen. Zu viel oder nicht kindgerechtes Fernsehen ist oft auch der Grund für kindliche Alpträume.
Medienverbote sind keine Lösung
Fernsehen & Co. bergen zweifelsohne Risiken für die gesunde Entwicklung von Kindern. Doch grundsätzliche Medienverbote können keine Lösung sein. Vielmehr gilt für mögliche Risiken dasselbe wie für die Chancen durch die Nutzung moderner Medien: Es kommt auf das Was und das Wieviel an. Die Beschäftigung mit den Medien sollte immer nur eine von möglichst vielen verschiedenen Aktivitäten des Kindes und zeitlich klar begrenzt sein und von Eltern sinnvoll begleitet werden:
Eltern sollten wissen, was sich ihr Kind im Fernsehen anschaut und welche Spiele es spielt.
Eltern sollten darauf hinwirken, dass ihr Kind Sendungen sieht und Spiele spielt, die seinem Alter und Entwicklungsstand entsprechen.
Eltern sollten sich für das, was das Kind macht, interessieren und auch einmal mitschauen oder mitspielen.
Eltern sollten für ihr Kind Ansprechpartner auch in Sachen Medien sein.
Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, kindergesundheit-info.de, http://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/mediennutzung/medien-risiken/
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